also spricht der kanzler…


er frühstücke noch mit peter westenthaler (bzö), sagt bundeskanzler wolfgang schüssel (övp) in einem interview mit dem „standard“. sonst geht der kanzler aber merklich auf distanz zum orangen koalitionspartner.

peter westenthaler glaubt, er kann die innenministerin kritisieren oder sich selbst zum innenminister machen – da muss man einfach entgegentreten und eine grenze ziehen.

„peter westenthaler glaubt, er kann die innenministerin kritisieren oder sich selbst zum innenminister machen – da muss man einfach entgegentreten und eine grenze ziehen. liese prokop ist eine absolut integere, sehr professionelle, sehr erfolgreiche innenministerin. jeder, der glaubt, er kann sie runterziehen, kriegt‘s mit mir zu tun“, rechtfertigt schüssel seine aussagen in richtung westenthaler beim övp-wahlkampfauftakt in graz vergangenen samstag (vote06 berichtete). er erwarte sich vom bzö einen normalen und fairen umgang. man könne unterschiedlicher meinung sein, aber gerade die innenministerin und ihre politik seien eine „absolute erfolgsstory“.

wir haben gezeigt, dass wir eines der wenigen länder sind, wo integration recht gut funktioniert. es kann noch besser werden, niemand ist perfekt, und ich bin ganz sicher nicht als jubler unterwegs.

peter westenthalers forderung, 300.000 ausländer abzuschieben, sei absurd und indiskutabel. „es gibt weder einen anlass dazu, noch ist es technisch möglich, noch ist es wünschenswert“, so schüssel. österreich sei eines der wenigen länder, wo integration recht gut funktioniere: „es kann noch besser werden, niemand ist perfekt und ich ganz sicher nicht als jubler unterwegs.“ es gebe überhaupt keinen grund, eine anti-ausländer-stimmung zu schüren, betont der kanzler.

im wahlkampf, in dem das bzö um sein überleben kämpft, ist es nicht möglich, die ortstafelfrage vernünftig zu besprechen.

das ansinnen des kärntner landeshauptmanns jörg haider (bzö), in kärnten nur einsprachige ortstafeln aufzustellen (vote06 berichtete), hält schüssel für unrechtmäßig. haiders forderung „kärnten wird einsprachig“ sei absurd. die jüngsten ereignisse im kärntner wahlkampf seien so nicht hinnehmbar und falsch. „im wahlkampf, in dem das bzö um sein überleben kämpft, ist es nicht möglich, die ortststafelfrage vernünftig zu besprechen“, sagt schüssel.

ich mache mich überhaupt nicht rar. ich diskutiere in vier wochen dreimal im fernsehen. sie werden keinerlei entzugserscheinungen haben.

angesprochen auf seine entscheidung, vertreter zu den tv-wahlduellen im orf zu schicken, betont schüssel, er mache sich überhaupt nicht rar: „für mich besteht wahlwerbung auch darin mit den menschen im land zu reden und nicht nur alles über medien indirekt zu kommentieren. „ich sehe auch keinen besonderen wert darin, dass man jetzt zwölf mal immer die gleichen gesichter sieht. das ist, wie wenn in der bundesliga jede woche ried gegen pasching spielt.“

abseits von övp-wahlkampfrhetorik lässt der kanzler im gespräch mit dem „standard“ mit einem neuen vorschlag aufhorchen. er könne sich vorstellen ein bundesamt nach schweizer vorbild zu schaffen. dort könnten die logistik- und overheadfunktionen der einzelnen bundesministerien gebündelt werden. schüssel möchte „vieles verschlanken“ und ein solches bundesamt in der nächsten legislaturperiode implementieren.

ich habe keinen ehrgeiz, diese familiengeschichten weiter auszubreiten.

zur abflauenden pflegedebatte meint der kanzler: „ein notstand ist etwas anderes. die hochwasserkatastrophe 2002 war ein notstand. mit worten muss man sorgfältig umgehen, selbst in zeiten, in denen sich alle nervös gebärden.“ er distanziere sich „überhaupt nicht“ von der illegalen pflege seiner verstorbenen schwiegermutter. schüssel barsch: „ich habe keinen ehrgeiz, diese familiengeschichten weiter auszubreiten.“

koalitionspräferenzen will der kanzler vor den wahlen am 1. oktober keine äußern, erst danach werde verhandelt. niemand hätte ein fixticket, sein team sei aber „wirklich gut“.

alles wie gehabt: der kanzler lobt seine arbeit, sein team und gibt sich siegessicher. nur die zeiten, in denen der koalitionspartner bzö gönnerhaft gelobt und geschont wurde, sind vorbei. offenbar groß sind schüssels zweifel, dass die orangen überhaupt den einzug ins parlament schaffen. verständlich also, dass der kanzler gorbach, westenthaler und haider rechts liegen lässt und keine koalitonspräferenzen äußert. (cdw)

fotos: EPA / bennoit doppagne

bundeskanzler wolfgang schüssel (övp) im „standard“-interview mit michael völker:
http://derstandard.at/?id=2577243

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