106 seiten dick ist das „kursbuch zukunft“, welches sich dem titel nach eher wie das neue wifi-kursbuch anhört, sich jedoch dank gezählter 109 övp-logos schnell als wahlprogramm der volkspartei entpuppt. ob auf den 106 seiten, dank denen das övp-programm seitenmäßig fast genauso umfangreich ist wie die wahlprogramme der sechs anderen bundesweit kandidierenden parteien zusammen, auch dementsprechend mehr information zu finden ist, wird die analyse von vote 06 zeigen.
Die Volkspartei ist Österreichs Verantwortungspartei.
bereits im vorwort stellt die övp den wähler vor die entscheidung zwischen der fortsetzung des „international vielbeachteten reformkurses der volkspartei“ und einem „rot-grünen experiment“ – eine vermeintlich leichte entscheidung wenn man die folgenden zeilen mit den lobeshymnen auf die „verantwortungspartei“ övp liest: entlastung, generationengerechtigkeit, soziale sicherheit, modernes österreich-bewusstsein, selbstbewusste europapolitik und einige weitere politische modewörter sollen die allmächtige unfehlbarkeit der kanzlerpartei unterstreichen, getreu dem motto „ein wenig hybris hat noch keinem geschadet“…
Der Standort Österreich ist auf dem richtigen Weg. Die Politik der Volkspartei hat sich bewährt.
das eigentliche wahlprogramm ist in vier themenblöcke gegliedert, die sich am ehesten mit den titeln wirtschaft, soziales, bildung und sicherheit bezeichnen lassen. aufgrund der fülle an vermeintlichen fakten, erfolgsgeschichten, statistiken, eigenlobesworten und vorhaben werden in folge nur die wesentlichsten inhalte behandelt. in der wirtschaftspolitik, in der die övp auf den markt, auf soziale gerechtigkeit und ökologische verträglichkeit setzt, will die selbsternannte „österreichische wirtschafts- und arbeitspartei nr.1“ unter anderem durch die förderung von frauen, älteren arbeitnehmern und jugendlichen am arbeitsmarkt bis zum jahr 2010 vollbeschäftigung erreichen, infrastruktur-investitionen sowie f&e-investitionen inklusive der errichtung einer österreichischen spitzenforschungseinrichtung weiter ankurbeln, eine energiewende zur besseren nutzung heimischer energieträger forcieren, die steuer- und abgabenquote weiter senken, privatisierungen fortsetzen und mitarbeiterbeteiligungen fördern. darüber hinaus sollen neue (informations-)technologien gefördert und im bereich des e-government eine all-in-one bürgerkarte mit sicherer digitaler signatur eingeführt sowie ein gemeinsames europäisches identity management aufgebaut werden, an dessen ende hoffentlich keine weitere europäische identity crisis steht. in der umweltpolitik schließt sich die övp mit der förderung erneuerbarer energieträger, einem anti-atom-bekenntnis und einem verbot des anbaus gentechnisch veränderter produkte der vorherrschenden meinung in der heimischen politik und gesellschaft an. zu guter letzt soll auch der ländliche raum im sinne der övp-schlagwortpolitik unter dem motto „zukunft geben. heimat sichern.“ gefördert werden, auch wenn der punkt „ausbau der infrastruktur im ländlichen raum“ angesichts der einsparungen bei post, polizei & co. in den letzten jahren geradezu höhnisch klingt.
Die Volkspartei ist Österreichs Verantwortungspartei. Sie steht für eine Verantwortungsgesellschaft, in der soziale Gerechtigkeit und Solidarität vor allem mit den Schwachen keine Lippenbekenntnisse sind.
in der sozialpolitik setzt die kanzlerpartei mit der unterstützung hilfsbedürftiger und der nachhaltigkeit der sozialsysteme zwei wesentliche prinzipien und lobt die menschlichkeit, den zusammenhalt und ds funktionierende soziale netz in österreich. im bereich der gesundheitspolitik sieht man den hausarzt als zentrale anlaufstelle des patienten und will die medtech- und biotech-cluster ausbauen, forschung an seltenen krankheiten forcieren, die mitbestimmung des patienten sowie seiner angehörigen stärken und das e-card-system ausbauen. im pflegebereich, den die övp als eine der größten herausforderungen der nächsten jahre betrachtet, stellt der schutz jedes einzelnen lebens die hauptaufgabe einer christdemokratischen politik dar und will man dabei die angehörigenpflege und ehrenamtliche tätigkeiten stärken bzw. entlasten, die ausbildung in gesundheits-, pflege- und sozialberufen weiter modernisieren und die palliativ-, hospiz- und schmerzmedizin ausbauen. den behinderten will die övp ein selbst bestimmtes leben verleihen indem sie deren zugang zum arbeitsmarkt weiter fördert, euthanasie und aktive sterbehilfe ablehnt, schulungen für behindertenvertrauenspersonen verbessert. in der familienpolitik will die selbsternannte familienpartei österreichs familien fördern ohne andere formen des zusammenlebens zu diskriminieren, männer und frauen bei der realisierung des kinderwunsches unterstützen und die vereinbarkeit von familie und beruf (beispielsweise bei kindergartenöffnungszeiten) verbessern. den senioren, welche die övp als fünften sozialpartner sieht, bietet man beispielsweise sichere pensionen samt einer forcierung des drei-säulen-modells, bessere medizinische betreuung, altersgerechte wohnformen oder seniorengerechtere einkaufsmöglichkeiten. in der frauenpolitik möchte die övp eine initiative zur steigerung der vollerwerbsquote für frauen um die einkommensschere zu verkleinern sowie diverse weitere förderprogramme in beruf, forschung und ausbildung. darüber hinaus will man gewalt an frauen verhindern, eine aktionsplan zur speziellen förderung von migrantinnen erarbeiten und frauenberatungsstellen ausbauen. in der jugendpolitik fordert die kanzlerpartei ein bundesweit einheitliches jugendschutzgesetz, eine neugestaltung der lebensverdienstkurve mit höheren einstiegsgehältern und abgeflachter einkommenskurve in den folgejahren sowie vergünstigungen im öffentlichen verkehr und in kultureinrichtungen. als letzten punkt der schwarzen sozialpolitik will man im sportlichen bereich die zusammenarbeit von schulen und sportvereinen forcieren, das sportförderungswesen modernisieren und den gesundheitssport sowie den spitzensport stärken.
Daher sollen in den Schulen, denen immer mehr Aufgaben übertragen werden, Lehrerinnen und Lehrer unterrichten, die auf dem neuesten Stand der Pädagogik nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch die gesamthafte Persönlichkeitsbildung fördern.
unter dem themenbereich „wissens- und kulturraum österreich“ präsentiert die volkspartei ihre vorstellungen zu den bereichen bildung, wissenschaft/forschung und kunst/kultur. im schulwesen bekennt man sich zu einem differenzierten schulsystem, zur durchlässigkeit des bildungssystems, zur vermittlung von werten und sozialkompetenz, zur leistungsbeurteilung mittels notensystem und zu einem flächendeckenden angebot an tagesbetreuung. darüber hinaus will man in der bildungspolitik den kindergarten als bildungseinrichtung verstehen, verlässliche volksschulen samt forcierter sprachausbildung fördern, behinderte kinder erfolgreich integrieren, die hauptschulen aufwerten, die polytechnischen schulen als optimale vorbereitung auf die lehre gestalten, die stärken allgemeinbildender höherer schulen hervorheben, die erfolgsgeschichte der berufsbildenden mittleren und höheren schulen fortführen, die duale lehrlingsausbildung erhalten, die schulpsychologien weiter fördern sowie kleine schulstandorte erhalten und die klassenschülerhöchstzahlen auf 25 senken. im bereich der wissenschaft und forschung soll die innovationskraft des landes nachhaltig gestärkt werden indem die rahmenbedingungen der studierenden mittels regelmäßiger evaluierungen verbessert, universitäten weiter modernisiert, die hochschullandschaft dynamisch weiterentwickelt, die akademikerquote bis 2010 auf 20% angehoben, wissenschafter stärker leistungsbezogen gefördert, eine spitzenforschungseinrichtung aufgebaut und frauen in der wissenschaft gefördert werden, wodurch auch die beschäftigtenzahlen in forschung und entwicklung bis 2010 um 20% gesteigert werden soll. im bereich der kunst und kultur will man ein klima der toleranz und neugier fördern sowie offenheit, freiheit und förderung sichern. dafür sollen eine direkte und transparente kunstförderung, eine stärkung der film- und medienlandschaft, die eigenständigkeit der bundestheater und bundesmuseen, die einrichtung eines hauses der geschichte der republik österreich, die förderung regionaler kulturinitiativen und ein ausbau des österreichischen und europäischen urheberrechts sorgen.
Österreich zählt heute zu den sichersten Ländern der Welt. Das muss so bleiben. Sicherheit ist weder naturgegeben noch ein Geschenk: Sicherheit auf höchstem Niveau muss hart und professionell erarbeitet werden.
der abschließende themenschwerpunkt „sicheres österreich“ behandelt die bereiche der inneren und äußeren sicherheit, der demokratie und justiz, der integration sowie die europäische union. dabei will die volkspartei im bereich der sicherheit im wesentlichen die internationale zusammenarbeit bei der bekämpfung von terrorismus und anderen formen organisierter kriminalität stärken, integration fördern, die fremdsprachenkentnisse und kulturelle kompetenz der polizei verbessern, katastropheneinsätze wirkungsvoller gestalten, die mittel für entwicklungshilfe erhöhen, eine gemeinsame eu-außenpolitik unterstützen sowie das bundesheer modernisieren und europäisieren. im bereich der demokratie stellt eine verfassungsreform samt einem auch soziale grundrechte enthaltenden grundrechtskatalog, einer effiziennten verwaltung und und einer zeitgemäßen gestaltung des föderalismus das primäre ziel dar. außerdem sollen die briefwahl eingeführt, der bereich des e-governments ausgebaut, justizverfahren beschleunigt sowie ehe und familie gestärkt werden. in der integrationspolitik verfolgt die övp das motto „integration vor zuwanderung“ und will dabei österreichische interessen sichern und die integrationswilligkeit von ausländern sowie die integrationsangebote fördern. an europa, welches im programm der selbsternannten europapartei övp überraschenderweise nur die letzten seiten einnimmt, will die kanzlerpartei weiterhin aktiv mitwirken und tritt für eine neue europäische verfassung, eine stärkung des prinzips der subsidiarität, eine europäische perspektive für die balkan-staaten und eine volksabstimmung in österreich zu einem eu-beitritt der türkei ein.
Mehr als 45.000 Österreicherinnen und Österreicher haben bei den Zukunftsgesprächen im ersten Halbjahr 2006 an diesem Programm mitdiskutiert.
fazit: optisch gibt das wahlprogramm der övp im vergleich mit den anderen wahlprogrammen eindeutig am meisten her: ein durchgängiges design, welches an die plakatkampagne anknüpft und mit den wiederkehrenden info-boxen „österreich. hier geht’s uns gut.“ und „övp-initiativen. österreich. bleibt besser.“, dem slogan „modern. sicher. menschlich“ sowie dem rot-weiß-roten övp-einser dem leser die vorzüge dieses landes nach sechsjähriger övp-herrschaft geradezu penetrant einzuhämmern versucht, zeigen gepaart mit mehr oder weniger zurechtgerichteten statistiken und schier unendlichem text, dass bei diesem wahlprogramm einige politik-, medien- und grafik-profis am werk waren. demgegenüber bietet der inhalt zwar viel an quantität, jedoch durchwegs weniger kreativität und kann im wesentlichen als fortsetzung des aktuellen kurses ohne große veränderungen beschrieben werden. gerade in der von den politischen mitstreitern kritisierten arbeitsmarktpolitik, sozialpolitik und bildungspolitik sind dabei keine wesentlichen kehrtwenden zu erwarten.